Hochwasserschutzmaßnahmen
Hochwasserschutzmaßnahmen
Hochwasserschutz im Tiefenbach / Saubach
Aufgrund des zu geringen Hochwasserschutzes im Bereich des Tiefenbachs, wurde die Stadt Nürtingen bereits mehrere Male überschwemmt. Vor allem in den 30er und 80er Jahren entstanden dadurch hohe Schäden an Ufern, Grundstücken und Gebäuden.
Mit der Veröffentlichung der Hochwassergefahrenkarten im Jahr 2012 wurde die Gefährdung amtlich dokumentiert und durch das dazugehörige Wassergesetz rechtlich verbindlich. Das hundertjährliche Hochwasser HQ100 wurde als festgelegte Grenze für bestimmte Restriktionen, wie z.B. das generelle Bauverbot in festgesetzten Überschwemmungsgebieten angesetzt (Ausnahmen sind möglich). Im Bewusstsein, dass der HQ100-Wert lediglich eine theoretische Größe darstellt, die keine Garantie für einen 100-prozentigen Hochwasserschutz bietet, führte Baden-Württemberg diesen Wert inkl. Klimafaktor und Freibord als rechtliche Sollgröße ein.
Aktuelle Meldungen
Aktuelle Meldungen
Am 6. Dezember 2022 befürwortete der Gemeinderat bei 24 Ja-Stimmen, fünf Enthaltungen und zwei Gegenstimmen die Planungen für den zentralen Damm.
Rechtliche Situation
Rechtliche Situation
Die Stadt Nürtingen ist gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 2 Satz 1 WG BW Trägerin der Unterhaltungs- und Ausbaulast am Tiefenbach als Gewässer 2. Ordnung und somit verpflichtet, das Stadtgebiet vor Hochwasser des Tiefenbachs zu schützen. Der Hochwasserschutz ist eine hoheitliche Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge der Stadt. Dies bedeutet, dass die Stadt verpflichtet ist, erkennbar gebotene, durchführbare und wirtschaftlich zumutbare Hochwasserschutzmaßnahmen durchzuführen.
Derzeit wäre die Stadt Nürtingen schadensersatzpflichtig bei eintretenden Hochwasserschäden. Ein Schadensersatzanspruch eines Dritten gegen die Stadt Nürtingen, der Sachschäden durch ein künftig eintretendes Hochwasser des Tiefenbaches erleidet, kann dann bestehen, wenn die Stadt Nürtingen erkennbar gebotene, durchführbare und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen nicht oder verspätet durchgeführt hat. Da der Stadt seit langem der nicht ausreichende Hochwasserschutz am Tiefenbach bekannt ist, wäre dies momentan der Fall und die Stadt ist schadensersatzpflichtig.
Die Rechtslage zu diesem Thema ist sowohl nach Auffassung eines Rechtsgutachtens als auch nach Auffassung der Verwaltung eindeutig, da im Fall des Tiefenbachs/Saubachs eine erkennbar gebotene (Problem ist seit langem bekannt) durchführbare und wirtschaftlich zumutbare Maßnahme mit dem Dammbau durchgeführt werden könnte.
Schadenspotentialanalyse
Schadenspotentialanalyse
Bisher lagen der Stadt Nürtingen keinerlei Informationen vor, welche Schäden im Fall eines Hochwassers auftreten. Dies ist jedoch ein wichtiger Aspekt hinsichtlich des Ausbaus des Hochwasserschutzes und um die „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ prüfen zu können. Hierzu wurde eine Schadenspotentialanalyse durchgeführt.
Die vorliegende Schadenspotentialanalyse wurde nach den Vorgaben der im Jahr 2019 vom Land veröffentlichten „Arbeitshilfe zur Bewertung von Hochwasserschutzmaßnahmen in Baden-Württemberg“ erarbeitet. Die Arbeitshilfe selber wurde in Anlehnung an die Vorgehensweise bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt. Diese sind Voraussetzung für eine mögliche Förderung.
Im Rahmen der Bearbeitung wurden die bei einem Hochwasser mit unterschiedlicher Wiederkehrzeit (Jährlichkeit) auftretenden Schäden ermittelt. Im Fall eines großen 100-jährlichen Hochwasserereignisses sind über 370 Gebäude gefährdet, was zu einem erwartenden Schaden von etwa 25 Mio. Euro führt.
Grundlage für wirtschaftliche Betrachtungen ist jedoch nicht der Schaden für ein einzelnes Hochwasserereignis, sondern die Entwicklung (Wahrscheinlichkeit) des Schadens mit zunehmender Jährlichkeit, steigendem Abfluss und dem daraus resultierenden steigenden Wasserstand. Damit lässt sich eine Gesamtschadens-Wahrscheinlichkeits-Funktion aufstellen. Da nicht prognostiziert werden kann, wann ein Ereignis bestimmter Eintrittswahrscheinlichkeit zu erwarten ist, kann nur eine Aussage über das Risiko (Schadenserwartung) getroffen werden. Die Tatsache, dass nach den Hochwassergefahrenkarten bereits bei 10-jährlichen Ereignissen mit ersten Überflutungen zu rechnen ist, führt zu einer hohen mittleren jährlichen Schadenserwartung.
Beim heutigen Ausbauzustand ist mit einem mittleren jährlichen Schaden in Höhe von 1.818.000 €/Jahr zu rechnen. Bei Umsetzung einer Hochwasserschutzmaßnahme mit Auslegung auf HQ100+Freibord+Klima ist ein „mittlerer jährlicher „Restschaden“ in Höhe von ca. 352.000 €/Jahr zu erwarten.
Der monetäre Nutzen der geplanten Hochwasserschutzmaßnahme ergibt sich nun aus der Differenz des zu erwartenden Schadens ohne Maßnahme zu dem Betrag des zu erwartenden Schadens nach Umsetzung der Maßnahme. Dieser beträgt 1.466.000 €/Jahr. Dieser Grundnutzen wird als gleichmäßiger Nutzenstrom über die gesamte Lebensdauer des Vorhabens interpretiert und entspricht somit einem Projektnutzenbarwert von etwa 58 Mio. Euro.
Um eine vollständige Nutzen-Kosten-Untersuchung zu erhalten, ist jedoch zuerst die Aktualisierung der Maßnahmen und die Berechnung der aktuellen Maßnahmenkosten notwendig. Es ist jedoch in Anbetracht eines Projektnutzenbarwertes von ca. 58 Mio. Euro zu erwarten, dass das angedachte Vorhaben, eine wasserwirtschaftlich, ökologisch, wirtschaftlich und sozioökonomisch sinnvolle und zur Umsetzung empfohlene Maßnahme darstellt.
Bisherige Untersuchungen
Bisherige Untersuchungen
Aufgrund der großen Überschwemmungsgefahr die für Nürtingen vom Tiefenbach ausgeht, wurden seit Mitte der 1970er Jahre bis heute zahlreiche Untersuchungen zum Hochwasserschutz mit verschiedenen Ansätzen (u.a. die mehrfache Überprüfung dezentraler Lösungen) zur Verbesserung des Hochwasserschutzes ausgearbeitet.
Zusammenstellung wesentlicher, früherer Untersuchungen:
- 1983: Zentrales Becken im Dauerstau vor Nürtingen (Reichert + Gonska und Becker)
- 1986, 1988: Untersuchungen zu 11 potentiellen dezentralen Rückhaltebeckenstandorte inkl. Beckenkaskade (Reichert + Gonska und Becker)
- 1992: Untersuchung von 8 HRB-Varianten mit unterschiedlicher Anzahl, Größe und Abgabeart der Rückhaltung (VEDEWA)
- 2003: Zentrale und dezentrale Variantenprüfung im Rahmen einer Flussgebietsuntersuchung (Wald + Corbe)
- 2010: Hochwasserrückhaltebecken Tiefenbach (Wald + Corbe)
- 2010: Landschaftsverträgliches Hochwasserschutzkonzept Tiefenbachtal (Braun)
- 2017: Gutachterliche Stellungnahme Hochwasserschutz im Tiefenbachtal (Prof. Dr.-Ing. Haimerl)
- 2019/20: Bürgerinnen- und Bürgerrat mit Beiträgen von unterschiedlichsten Experten
- 2022: Ökologisches Hochwasserschutzkonzept Tiefenbachtal (StandLandFluss, Geoteck Ingenieure GmbH)
Hochwasserschutz an der Aich
Für den Hochwasserschutz an der Aich zeichnet sich der Wasserverband Aich zuständig. Dieser wurde im Jahr 1978 mit dem Ziel gegründet, für Gemeinden an der Aich in den Landkreisen Böblingen und Esslingen einen wirksamen Schutz vor Hochwasser zu schaffen.Mitglieder des Wasserverbandes sind:
- die Landkreise Böblingen und Esslingen,
- die Städte Aichtal, Böblingen, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen, Sindelfingen, Waldenbuch und Holzgerlingen und
- die Gemeinden Schönaich, Steinenbronn, Weil im Schönbuch und Wolfschlugen.
Der Wasserverband hat die wesentlichen Aufgaben
- den Wasserabfluss der Aich durch geeignete Ausbaumaßnahmen von Hochwasserrückhalteeinrichtungen zu regeln sowie
- Landschaftspflege- und Naherholungsmaßnahmen im erforderlichen Umfang durchzuführen.
Näheres können Sie auf der Internetseite des Wasserbandes Aich erfahren.