Nürtingen aktuell
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Internationale Wochen gegen Rassismus
Erstelldatum07.03.2023
Internationale Wochen gegen Rassismus

der kleinen Mehrheit“. (Foto: (c) Carolin Windel

Nicht immer ist er auf den ersten Blick erkennbar, doch er ist leider nach wie vor allgegenwärtig: Rassismus. Laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gibt es beispielsweise immer wieder Fälle, in denen Personen aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens keinen Termin für eine Wohnungsbesichtigung erhalten oder bei einer Stellenbesetzung nicht berücksichtigt werden. Eine repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle aus dem Jahr 2020 ergab, dass ein Drittel aller Befragten mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche eine Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft erfahren hat.
Der aktuelle Lagebericht zu Rassismus in Deutschland beinhaltet die Feststellung, dass Rassismus kein Randphänomen ist, welches eine kleine Bevölkerungsgruppe betrifft, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt. So sind laut der repräsentativen Studie „Rassistische Realitäten“ des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors 61 Prozent der Meinung, dass Rassismus den Alltag prägt. Dieser ist nicht mit Fremdenfeindlichkeit gleichzusetzen, denn er betrifft auch Diskriminierungen aufgrund von Vorurteilen, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
Die Stadt Nürtingen engagiert sich aktiv gegen Rassismus und trat im vergangenen Jahr dem Aktionsbündnis der 2014 vom Interkulturellen Rat e.V. gegründeten Stiftung gegen Rassismus bei, um sich künftig regelmäßig an deren Internationalen Wochen gegen Rassismus zu beteiligen. In diesem Jahr ist dies erstmals der Fall und so feiert die Veranstaltungsreihe, welche bundesweit in diesem Jahr unter dem Motto „Misch dich ein“ steht, vom 20. März bis zum 2. April mit einer Vielzahl unterschiedlicher Formate wie Ausstellungen, Vorträgen und jeder Menge Mitmach-Möglichkeiten ihre Premiere in Nürtingen.
Das Integrationsbüro der Stadt Nürtingen hat zusammen mit 16 Kooperationspartnern ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt, mit dem ein Zeichen gegen jegliche Form von Diskriminierung gesetzt und ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Ausprägungen von Rassismus geschaffen werden soll. Da sich Vorurteile meist aufgrund von mangelndem Wissen bilden oder Ängste durch fehlende Berührungspunkte mit fremden Kulturen entstehen, will die Nürtinger Veranstaltungsreihe genau dort ansetzen.
„Wir möchten im Rahmen der diesjährigen internationalen Wochen gegen Rassismus Räume und Gelegenheiten für Begegnungen, zum gegenseitigen Kennenlernen und zum Austausch schaffen, denn dadurch können Berührungsängste abgebaut und denjenigen eine Stimme gegeben werden, die Diskriminierung in ihren unterschiedlichsten Formen erfahren haben“, erläutert Bürgermeisterin Annette Bürkner.
Dazu zählen auch die Orte, an denen sich Heranwachsende ihre Meinungen und Einstellungen erst bilden: die Schulen. So drehen sich die Projekttage an der Braikeschule um Themen wie Toleranz, Respekt, Grund- und Kinderrechte. Dieses Beispiel steht repräsentativ für den Grundtenor der Aktionswochen, der aus Partizipation und Interaktion besteht. So gibt es zahlreiche Veranstaltungen, die zum Mitmachen einladen: Dazu zählt unter anderem das Angebot des Jugendhauses am Bahnhof, in dem gemeinsam Mittagessen gekocht, an einer Foto-Collage gearbeitet und eine „Around-the-World-Party“ organisiert werden kann. Bei der Grupo Quilombolas de Luz Capoeira in der Galgenbergstraße kann man sich am brasilianischen Kampftanz versuchen. Im Kulturcafé der Caritas und des Kreisdiakonieverbands am Obertor kann man in ungezwungener Atmosphäre bei einem Kaffee mit Personen ins Gespräch kommen, die Rassismus am eigenen Leib erfahren. Außerdem gibt es unter anderem einen Workshop zu rechter Musik, ein Theaterstück über zwei Personen auf der Flucht, die ihre ganz eigenen Vorstellungen eines demokratischen Europa haben, und den Schlusspunkt am 2. April setzt eine Lesung des schwulen Deutsch-Roma Gianni Jovanovic und der Journalistin Oyindamola Alashe im Kleinen Saal der Stadthalle K3N, die musikalisch von Celina Bostic begleitet und von einer Podiumsdiskussion ergänzt wird, welche sich mit strukturellem Rassismus auseinandersetzt.
„Mit diesen Aktionswochen wollen wir einen Anstoß geben, um sich nicht nur anlassbezogen, sondern dauerhaft mit dem Thema auseinanderzusetzen, eigene Gedankengänge zu reflektieren und für die verschiedenen Formen von Diskriminierung und deren Auswirkungen zu sensibilisieren“, erklärt die Projektleiterin Lea Claßen vom Integrationsbüro.
Bundesweit werden die Internationalen Wochen gegen Rassismus von der Stiftung gegen Rassismus koordiniert, der mehr als 130 meist regional agierende Aktionsgruppen angehören. In Nürtingen geht die Teilnahme an den Aktionswochen auf den Runden Tisch für Demokratieförderung und Extremismusprävention zurück, der im Rahmen des Präventionskonzeptes der Stadt im Jahr 2021 gegründet wurde und dem Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Wohlfahrtsverbände, Jugendeinrichtungen, der Stadtverwaltung und dem Fachrat für Interkulturelles Zusammenleben angehören. Das komplette Programm finden Sie hier (PDF-Dokument, 890,41 KB, 09.03.2023).