In der dunklen Jahreszeit zeigt sich Nürtingen von seiner leuchtenden Seite.
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Wohnen auf kleinstem Raum
Wohnen auf kleinstem Raum
Seine Individualität wahren und trotzdem Teil einer generationenübergreifenden Wohngemeinschaft sein, Ressourcen teilen, die Umwelt schonen und bezahlbar wohnen – das sind die wesentlichen Vorzüge von Tiny Houses und Siedlungen, die aus diesen Mikrohäusern mit einer Wohnfläche von rund 30 Quadratmetern bestehen. Ist dies nur ein Trend oder tatsächlich eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative angesichts des angespannten Wohnungsmarktes?
Um über das Thema zu informieren und mögliche Potenziale für Nürtingen zu erörtern, lud das Amt für Liegenschaften, Wirtschaftsförderung und Bürgerbeteiligung zu einer Online-Bürgerinformation, der rund 60 Interessierte folgten.
Niko König von Tiny Houses Region Stuttgart e.V. beschrieb in seinem Vortrag das Prinzip der Tiny Houses. Diese würden Lösungsansätze für viele Herausforderungen bieten, da für die Wohnfläche wenig bis keine Bodenversiegelung nötig sei, die Häuser in ökologischer Bauweise errichtet werden können, Konsum über die gemeinsame Nutzung von Gartenanlagen oder Einrichtungen reduziert und der soziale Zusammenhalt durch die nachbarschaftliche Unterstützung gefördert würde. Sie seien ideal für eine temporäre Nutzung von Baulücken, wie die so genannten „Enkelgrundstücke“. Dies sind Flächen in Privatbesitz, die für eine mögliche Bebauung kommender Generationen vorgehalten, aber aktuell keiner Nutzung zugeführt werden.
Diese Ausführungen bestätigte Jonas Hansche von Mut zur Lücke e.V. aus Tübingen, welche sich vor zwei Jahren gründeten, um als Vermittler zwischen Interessenten, Fachleuten und Grundstücksinhabern aufzutreten. Doch was sich in der Theorie gut anhört, scheint sich in der Praxis bislang noch nicht durchzusetzen. Während es auf Seiten von Personen, die sich für diese reduzierte Form des Wohnens durchaus eine erhöhte Nachfrage gibt, melden sich nur sehr wenige Grundstückseigentümer, sodass im Falle des Tübinger Vereins bislang leider noch kein Grundstück vermittelt werden konnte.
Die Stadt Schorndorf hat bereits eine Fläche mit fünf Parzellen ausgewiesen, die für die Dauer von zehn Jahren an Interessenten verpachtet werden sollen. Im September dieses Jahres soll das Baugenehmigungsverfahren für das Wohnexperiment zur Erprobung neuer Wohnformen starten. Sonja Beigl vom Fachbereich Wirtschaftsförderung und Grundstücksverkehr betont, dass mit diesem Projekt neuer Wohnraum geschaffen werden soll. Daher schließt die Stadt Schorndorf Tiny Houses auf Rädern aus. Es sollen Erstwohnsitze genutzt werden und keine Ferienwohnungen oder ausgelagerte Büros entstehen. Die Resonanz ist groß: Rund 800 Personen haben sich mittlerweile dafür interessiert. Davon haben aber lediglich 40 Personen auch Bewerbungen für die Parzellen abgegeben.
In Bad Urach ist man angesichts dieser Erfahrungswerte skeptisch, was das Engagement von städtebaulicher Seite betrifft, zumal sich dort ohnehin kaum innerstädtische Flächen in städtischem Besitz befinden, so Tim Wilhelm, Leiter der Bauverwaltung und Stadtplanung der Stadt Bad Urach. Grundsätzlich würde sich diese Wohnform allerdings insbesondere im ländlichen Raum als zeitliche befristete Wohnlösung für die Nutzung von Baulücken sehr gut eignen.
Daher will auch die Stadt Nürtingen ein solches Modellvorhaben auf den Weg bringen. Um eine solches zeitnah umsetzen zu können, wurden nur städtische Flächen unter die Lupe genommen. Bei der Suche nach geeigneten Standorten waren unter anderem die Erschließungsmöglichkeit, die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und die Nahversorgung wesentliche Kriterien. Im ersten Suchlauf wurde eine Fläche mit vier Parzellen im Breiten Weg in der Braike als geeignet angesehen. Dafür wurden in Anlehnung an die Erfahrungen aus anderen Städten die Ausschreibungsunterlagen erstellt. Wie in Schorndorf sind zum Beispiel keine Tiny Houses auf Rädern zugelassen. Die Stadt wird die Flächen ebenfalls für die Dauer von zehn Jahren verpachten und die Häuser sind dann von den Interessenten selbst zu errichten. Die Grundstücke sollen ab Anfang September ausgeschrieben werden.
Sollte das Modellvorhaben in Nürtingen auf große Resonanz stoßen und die Erfahrungswerte positiv sein, könnten noch weitere Flächen nutzbar gemacht werden, stellte Bernd Schwartz, Leiter des Amtes für Liegenschaften, Wirtschaftsförderung und Bürgerbeteiligung in Aussicht. Planungen für Häuser in Modulbauwiese erteilte er im ersten Schritt eine Absage. Größere Flächen sollen grundsätzlich einer dauerhaften Bebauung zugeführt werden. Für die Fläche in der Braike kommen daher nur Tiny Houses mit einer Fläche bis zu 35 Quadratmeter in Frage.