In der dunklen Jahreszeit zeigt sich Nürtingen von seiner leuchtenden Seite.
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Helden der Kinderzimmer geistern durchs Nürtinger Stadtmuseum
Jim Knopf, der Räuber Hotzenplotz und das kleine Gespenst sind die Hauptdarsteller in der neuen Sonderausstellung "Helden der Kinderzimmer", die von 2. Dezember bis zum 3. März 2013 im Nürtinger Stadtmuseum zu sehen ist.
Wer nur Büchervitrinen und Bilderrahmen erwartet, der erlebt eine Überraschung: der Raum wird von lebensnahen Figuren und Inszenierungen beherrscht. Durch das Tor einer Gespensterburg betritt der Besucher die Ausstellung mit ihrer Phantasie anregenden Atmosphäre. Unter einem Ast mit dem Uhu Schuhu darf er sich durch eine Bücherkiste wühlen. Zum Lager des Räubers Hotzenplotz muss er sich durch einen dichten Wald schlängeln. Unterwegs trifft er natürlich auf die beiden Lausbuben Kasperl und Seppel. In einem anderen Ausstellungsteil kreist eine LGB-Lokomotive um Lummerland, die "Insel mit zwei Bergen", daneben steht Lokomotive Emma, in deren Führerhaus Kinder Lokführer spielen können. Der "Scheinriese" blinkt von Ferne mal größer, mal kleiner. Im Spiel- und Malzimmer hält sich Baby-Lok Molly für die Fahrt durchs Labyrinth bereit. Die Wände des Spielzimmers dürfen die kleinen Besucher kreativ verzieren.
Die Idee zur Ausstellung kam mit der Nachricht, die verschollen geglaubten Illustrationen von Franz Josef Tripp seien wieder aufgetaucht und könnten ausgeliehen werden. Der Maler und Zeichner (1915-1978) hatte für die drei Kinderbücher einzigartige Landschaften, Figuren und Räume gezeichnet. Museumsleiterin Angela Wagner-Gnan: "Das kam gerade rechtzeitig zum 50. Geburtstag von Räuber Hotzenplotz." Das berühmte Kinderbuch ist nämlich am 1. August 1962 beim Stuttgarter Thienemann-Verlag erstmals erschienen. Seither erobert die lustige Geschichte vom polternden Großmaul Hotzenplotz, das vom findigen Kasperl ausgetrickst wird, die Kinderherzen im Sturm.
Der Thienemann-Verlag war es auch, der vor 52 Jahren die Herausgabe von Michael Endes "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" wagte. Zuvor hatte der Autor vier Jahre lang vergeblich versucht, sein Buch unterzubringen. Die Mischung aus Märchen, Abenteuergeschichte und Science-Fiction-Elementen war höchst unkonventionell. Doch die Resonanz gab dem Verlag Recht: Gleich im Erscheinungsjahr 1960 gewann das Buch den Deutschen Jugendbuchpreis. Es wurde ein Welterfolg, in zahlreiche Sprachen übersetzt, und ist aus den Kinderzimmern nicht wegzudenken.
Ein weiterer Kinderbuch-Bestseller des Thienemann-Verlags ist die charmante Geschichte vom kleinen Gespenst. Der in Nordböhmen geborene Otfried Preußler verwendete darin Elemente aus Geschichten, die ihm seine Großmutter als Kind erzählt hatte. Auch für den Namen "Hotzenplotz" (tschechisch: Osoblaha) stand eine mährische Stadt Pate. Im Herbst 2013, zum 90. Geburtstag des Autors, kommt "Das kleine Gespenst" als Spielfilm ins Kino.
Die thematische Klammer der Ausstellung sind die Kinderbuch-Illustrationen von Franz Josef Tripp; sie befinden sich heute im Besitz seines Sohnes, des Malers und Grafikers Jan Peter Tripp. Im Rahmen seiner künstlerisch-biografischen Auseinandersetzung mit dem Vater kolorierte er die Zeichnungen und verlieh ihnen damit noch mehr Lebendigkeit.
Der Thienemann-Verlag Stuttgart steuerte frühe und internationale Ausgaben sowie Merchandising-Artikel aus den 1960er und 1970er Jahren bei. Und das Naturtheater Grötzingen, das auf eine erfolgreiche Saison mit dem Räuber Hotzenplotz im Kinderprogramm zurückblickt, half mit Kostümen und Requisiten.
Bürgermeisterin Claudia Grau findet es wichtig, dass durch die "Helden der Kinderzimmer" nicht nur Phantasie und Kreativität angeregt, sondern auch Botschaften der Humanität und Solidarität vermittelt werden: "Nichts prägt einen Menschen mehr als die Geschichten, die er in der Kindheit kennen lernt."
Die Ausstellung ist vom 2. Dezember bis 3. März 2013 im Stadtmuseum Nürtingen, Wörthstr.1, 72622 Nürtingen, Tel.: 07022 / 36334, zu sehen. Öffnungszeiten: täglich außer Montag, von 10 bis 18 Uhr. Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 2. Dezember, um 11 Uhr von Bürgermeisterin Claudia Grau, musikalisch umrahmt von den Kindern des Kinderhauses Kroatenhof.