In der dunklen Jahreszeit zeigt sich Nürtingen von seiner leuchtenden Seite.
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Auf den Spuren der Träume und des Glaubens
Die Kunst ist es, Kunst für alle erlebbar zu machen. Und das haben sich die Organisatoren der jährlichen Kunstausstellungen in der Kreuzkirche auf die Fahnen geschrieben, erklärt Oberbürgermeister Otmar Heirich. Denn auch in diesem Jahr gibt es wieder Exponate zweier Ausnahmekünstler in der Stadt am Neckar zu sehen.
Die malerische Sprache von Marc Chagall und Ernst Fuchs können Besucher vom 13. Januar bis 25. Februar in der Kreuzkirche hören, sehen und erleben.
Ich freue mich vor allem darüber, dass dieses Mal die Bilder sehr gut zu dem Titel der Ausstellung passen, sagt Brigitte Kuder-Broß, Kuratorin der Ausstellung. Dieses Motto wird fast ein Jahr vorher festgelegt. Es ist immer ein kleiner Glückfall, dann auch die Bilder zu bekommen, die zum Tital passen, erklärt sie weiter. Aber dieses Jahr ist es perfekt. Man wandelt tatsächlich auf den Spuren der Träume und des Glaubes. So war es für Brigitte Kuder-Broß von der Galerie DIE TREPPE- wie Geschenke auspacken, als die Bilder angeliefert wurden. Nach über zehn Jahren bin ich immer noch mit Leidenschaft dabei, berichtet sie.
Sehr leidenschaftlich war auch Gabi Frisch vom Amt für Stadtmarketing Nürtingen im Einsatz. Denn in diesem Jahr war es sehr schwer, die Flyer und Plakate der Ausstellung auf den Weg zu bringen. Das hing mit den Bildrechten von Marc Chagall zusammen, erklärt die Organisatorin. Da gab es einige Nachfragen seitens der Erbengemeinschaft. Letztlich kam die Freigabe Anfang Oktober. Sehr spät, wie Gabi Frisch erklärt. Denn in den letzten Jahren war schon vor den Sommerferien alles in Sack und Tüten. Der Ausstellung hat das nicht geschadet. Schon bei den Voranmeldungen zu Führungen gab es zahlreiche Registrierungen.
Und so wird die Kreuzkirche einen Hauch von Marc Chagall und Ernst Fuchs einfangen und die beiden Künstler auf wunderbare Weise in Nürtingen verbinden. Beide Künstler waren Übersetzer auf ihre Weise.
Ernst Fuchs übersetzte zwischen Wirklichkeit und Realität in seinen Bildern. Sie geben das wieder, was andere Menschen nur in ihren Träumen oder Halluzinationen sehen. Der deutsche Bildhauer Arno Breker beschrieb Fuchs als einen Mann mit hoher Intelligenz, enormer Belesenheit und sprühender Phantasie. So schaffte es Ernst Fuchs immer wieder, die Eindrücke aus der Phantasie in die Realität zu bringen. Eine aufregende Reise in die eigene Traumwelt steht dem Betrachter hier bevor. Denn die diesjährige Kunstausstellung zeigt Ausschnitte aus seinem malerischen und grafischen Werk.
Ein Übersetzer im anderen Sinne war Marc Chagall. Er schaffte es, mit seinen Werken ganze Geschichten zu erzählen. Dafür setzte er die Farben als Lesehilfe für den Betrachter ein. Er selbst soll einmal gesagt haben, dass es so viele Dinge im Reich der Kunst gibt, dass es schwer wäre, dafür Schlüsselwörter zu finden. Er selbst fand diese in stets wiederkehrende Bildzeichen in seinen Werken. Eben typisch Chagall. Seine Philosophie war, dass in der Kunst, wie im Leben, alles möglich ist, wenn es auf Liebe gegründet ist.
Ein Weggefährte seiner Zeit, Pablo Picasso sagte über ihn, dass wenn Chagall malt, man nie wisse, ob er dabei schläft oder wach ist. Irgendwo in seinem Kopf müsse er einen Engel haben. Die Kunstausstellung Nürtingen zeigt einen Querschnitt aus dem grafischen Schaffen Chagalls sowie ausgesuchte Unikate.
Beide Künstler waren jüdischer Abstammung. Während sich Ernst Fuchs als Zwölfjähriger zum römisch-katholischen Glauben bekannte, um rassistischen Anfeindungen zu entgehen, floh Marc Chagall fast zeitgleich nach Amerika.
Marc Chagall und Ernst Fuchs hatten ein erfülltes und fantastisches Leben.
Chagall schuf sich über seine Bilder hinaus Lesezeichen seiner Kunst. So führte er die Glasmalerei mit seiner Malweise in der Stiftskirche St. Stephan in Mainz zu neuer Blüte. Bis zu seinem Tod 1985 schuf Chagall hier insgesamt neun Fenster. Chagall sah seine Arbeit als Beitrag zur jüdisch-deutschen Aussöhnung.
Auch Ernst Fuchs hat sich nicht nur mit seinen Bildern über den Tod hinaus ein Denkmal geschaffen. Der Künstler gestaltete eine eigene Villa als Privatmuseum. Die ehemalige Otto Wagner-Villa in Wien ist heute nicht nur ein wertvolles Architekturdenkmal, sondern als Ernst Fuchs-Museum auch eine Retrospektive seines Schaffens von 1945 bis zur Gegenwart.
In Nürtingen erwartet nicht Kunstliebhaber ein kleines Privatmuseum mit kirchlicher Atmosphäre. Denn bis zum 25. Februar können sich die Besucher von den Erzählungen der Werke von Ernst Fuchs und Marc Chagall in der Kreuzkriche verzaubern lassen.
Die Kunstausstellung in Nürtingen gibt es seit über zehn Jahren.
Im letzten Jahr verzeichnete sie mit den Künstlern Janosch und Udo Lindenberg Rekordbesucherzahlen. Der Gegensatz dieser beiden Künstler bewirkte, dass ein breites Publikum angesprochen wurde. Neben Einheimischen waren auch Besucher aus Bregenz, Trier oder Fürstenfeldbruck zu Gast. Das Gästebuch war gespickt mit humorvollen Einträgen. Von unser Zwerchfell ist zum Schwingen gekommen bis hin zu udowältigend. Auch die Jahre davor haben die Ausstellungen von James Rizzi und Leslie G. Hunt, Joan Miró und Salvador Dalí gezeigt, dass Kunst viele Gesichter hat. Vor allem haben aber die Kunstausstellungen für die Stadt Nürtingen ein eigenes kleines Kunstkapitel geschrieben.
Die Ausstellung ist vom 13. Januar bis 25. Februar, dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Alle Informationen gibt es auch auf www.nuertingen.de .