In der dunklen Jahreszeit zeigt sich Nürtingen von seiner leuchtenden Seite.
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Strategieplanung für Wohnraum
Die Stadt Nürtingen befindet sich im Aufwärtstrend zumindest in Bezug auf die Einwohnerzahl, denn diese steigt analog zu den Einwohnerzahlen des Landkreises und der gesamten Region Stuttgart. Die Gründe hierfür sind vielfältig, sind aber in erster Linie auf eine florierende Wirtschaftslage zurückzuführen. Das Wachstum bringt jedoch auch Probleme mit sich. Bei einem prognostizierten moderaten Bevölkerungswachstum um 6% bis zum Jahr 2035 muss Nürtingen Wohnraum in allen Preissegmenten für rund 2.500 Personen bereitstellen. Der Flächenbedarf hierfür liegt bei rund 62 Hektar. Der Stadt stehen aber nur rund 57 Hektar an Innen- und Außenentwicklungsflächen zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingsthematik ist es daher zwingend erforderlich, dass die Stadt diese Flächenpotenziale vorrangig für die Entwicklung von Wohnbauflächen in Betracht zieht und für eine Bebauung mittels entsprechenden Flächennutzungs- und Bebauungsplänen rechtlich absichert. Dabei sind zahlreiche Faktoren wie städtebauliche Aspekte, Eigentum, die Wirtschaftlichkeit von Bauprojekten, ökologische Ausgleichsmaßnahmen, vorhandene oder zu planende Infrastruktur und generationengerechte Wohnformen zu berücksichtigen. Da die Flächen nicht in ihrer Gesamtheit parallel entwickelt werden können, muss eine Priorisierung erfolgen.
Auf Basis dieser Grundlagen war sich der Gemeinderat in einer Sondersitzung darin einig, dass eine Baulandentwicklungsstrategie notwendig ist, welche die Stadtverwaltung nun in Abstimmung mit den Ortschaftsräten erarbeitet. Erste Grundsatzbeschlüsse sollen im Laufe des kommenden Jahres getroffen und die Bürger in mehreren Veranstaltungen informiert werden.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat der Wohnungsbau im Land, und damit auch in Nürtingen, nicht Schritt gehalten mit der gestiegenen Bevölkerungsentwicklung. In Großstädten explodieren aufgrund des geringen Angebots die Immobilienpreise. Die Flüchtlingsthematik verschärft die angespannte Situation zusätzlich.
Bis Ende 2017 werden Nürtingen voraussichtlich 600 Personen für die Anschlussunterbringung zugeteilt, wobei der Familiennachzug hierbei nicht berücksichtigt ist. Das Flächenpotenzial, auf welches die Stadt zurückgreifen kann, ist jedoch begrenzt. Seit über einem Jahr schreibt die Stadtverwaltung wiederholt Immobilieneigentümer an, wobei der Erfolg bislang ausblieb. Rasch umsetzbare Maßnahmen sind jedoch erforderlich. Daher werden alle städtische Flächen für die Schaffung von kostengünstigem Wohnraum herangezogen, die rechtlich abgesichert bebaut werden können.
Die Stadt Nürtingen hat klare Kriterien formuliert, um geeignete Standorte zu identifizieren: Sie müssen in städtischem Besitz, ausreichend groß für den Geschosswohnungsbau und dürfen nicht mit anderen Planungen belegt sein, die Bebauung muss innerhalb von drei Jahren realisierbar sein und darf nicht im Gebiet eines Jahrhundert-Hochwassers liegen. Dies trifft unter anderem auf die Standorte in Reudern und in der Braike zu. Dort soll Wohnraum für 48 und bis zu 80 Personen entstehen. Die Nähe zu den dortigen Friedhofsanlagen stellt aus rechtlicher Sicht kein Problem dar, da weder die Ruhe noch die Würde des Friedhofs durch eine Wohnbebauung beeinträchtigt werden. Daher hat auch der Ortschaftsrat in Reudern einstimmig für den Standort am Marbachweg votiert.
Wie zu jeder Baumaßnahme in Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen, wird die Stadt Nürtingen auch zu den geplanten Objekten in Reudern und in der Braike Informationsveranstaltungen durchführen. In Reudern findet die Veranstaltung am Donnerstag, 10. November um 18 Uhr in der dortigen Gemeindehalle statt. Für das Vorhaben im Breiten Weg ist eine Infoveranstaltung am 12. Dezember um 18 Uhr geplant.
Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern schon weitaus später, verdeutlicht Oberbürgermeister Otmar Heirich die Dringlichkeit. Langfristig müssen wir kostengünstigen Wohnraum schaffen, um den Bedürfnissen möglichst aller Bevölkerungsgruppen - vom Studenten über die alleinerziehende Mutter bis zur Großfamilie, dem Flüchtling und Rentner gerecht werden zu können. Nur so können wir unsere Attraktivität und Zukunftsfähigkeit bewahren, denn die Vielfalt einer Gesellschaft macht deren künftige Handlungsfähigkeit aus, so OB Heirich.