Bisher lagen der Stadt Nürtingen keinerlei Informationen vor, welche Schäden im Fall eines Hochwassers auftreten. Dies ist jedoch ein wichtiger Aspekt hinsichtlich des Ausbaus des Hochwasserschutzes und um die „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ prüfen zu können. Hierzu wurde eine Schadenspotentialanalyse durchgeführt.
Die vorliegende Schadenspotentialanalyse wurde nach den Vorgaben der im Jahr 2019 vom Land veröffentlichten „Arbeitshilfe zur Bewertung von Hochwasserschutzmaßnahmen in Baden-Württemberg“ erarbeitet. Die Arbeitshilfe selber wurde in Anlehnung an die Vorgehensweise bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt. Diese sind Voraussetzung für eine mögliche Förderung.
Im Rahmen der Bearbeitung wurden die bei einem Hochwasser mit unterschiedlicher Wiederkehrzeit (Jährlichkeit) auftretenden Schäden ermittelt. Im Fall eines großen 100-jährlichen Hochwasserereignisses sind über 370 Gebäude gefährdet, was zu einem erwartenden Schaden von etwa 25 Mio. Euro führt.
Grundlage für wirtschaftliche Betrachtungen ist jedoch nicht der Schaden für ein einzelnes Hochwasserereignis, sondern die Entwicklung (Wahrscheinlichkeit) des Schadens mit zunehmender Jährlichkeit, steigendem Abfluss und dem daraus resultierenden steigenden Wasserstand. Damit lässt sich eine Gesamtschadens-Wahrscheinlichkeits-Funktion aufstellen. Da nicht prognostiziert werden kann, wann ein Ereignis bestimmter Eintrittswahrscheinlichkeit zu erwarten ist, kann nur eine Aussage über das Risiko (Schadenserwartung) getroffen werden. Die Tatsache, dass nach den Hochwassergefahrenkarten bereits bei 10-jährlichen Ereignissen mit ersten Überflutungen zu rechnen ist, führt zu einer hohen mittleren jährlichen Schadenserwartung.
Beim heutigen Ausbauzustand ist mit einem mittleren jährlichen Schaden in Höhe von 1.818.000 €/Jahr zu rechnen. Bei Umsetzung einer Hochwasserschutzmaßnahme mit Auslegung auf HQ100+Freibord+Klima ist ein „mittlerer jährlicher „Restschaden“ in Höhe von ca. 352.000 €/Jahr zu erwarten.
Der monetäre Nutzen der geplanten Hochwasserschutzmaßnahme ergibt sich nun aus der Differenz des zu erwartenden Schadens ohne Maßnahme zu dem Betrag des zu erwartenden Schadens nach Umsetzung der Maßnahme. Dieser beträgt 1.466.000 €/Jahr. Dieser Grundnutzen wird als gleichmäßiger Nutzenstrom über die gesamte Lebensdauer des Vorhabens interpretiert und entspricht somit einem Projektnutzenbarwert von etwa 58 Mio. Euro.
Um eine vollständige Nutzen-Kosten-Untersuchung zu erhalten, ist jedoch zuerst die Aktualisierung der Maßnahmen und die Berechnung der aktuellen Maßnahmenkosten notwendig. Es ist jedoch in Anbetracht eines Projektnutzenbarwertes von ca. 58 Mio. Euro zu erwarten, dass das angedachte Vorhaben, eine wasserwirtschaftlich, ökologisch, wirtschaftlich und sozioökonomisch sinnvolle und zur Umsetzung empfohlene Maßnahme darstellt.